Zukünftige Landschaften

Mehr ein Spätwinter- als ein Vorfrühlingstag. Ein kalter Wind pfeift über die Äcker. Nur wenn zwischen den Wolkenpaketen eine Sonnenlücke entsteht, fühlen wir das aufgehende Jahr. Unser Ziel ist das F60-Museum in Lichterfeld, die begehbare Abraum-Förderbrücke, auch „Liegender Eifelturm“ genannt, den sie mit ihren 502 Metern noch überragen würde. Mit einer Geschwindigkeit von 9m/min wurde sie von 380 Antriebsrädern auf Geleisen diesseits und jenseits der Braunkohlengrube über das Abbauloch geschoben. Tagebau, betrieben aus schwindelerregender Höhe. Als Anfang der 90er Jahre der Braunkohleabbau in dieser Region stillgelegt wurde (was einige Ortschaften rundherum vor dem Abriss bewahrte), sollte die Brücke gesprengt werden, doch die Anwohner starteten eine Initiative zu ihrer Rettung. Die Attraktivität des luftigen Museums gibt ihnen nachträglich recht. Am Rand des entstehenden Seengebiets, mit dem Blick über die flache, kahle Landschaft, über der sich der Himmel höher wölbt als anderswo, konserviert ein Industriegigant aus Streben, Stegen und Seilen die filigrane Ästhetik der eisernen Nutzbauten des 19. und 20. Jahrhunderts. Wie die Zukunft aussehen wird, können wir am Windpark Klettwitz hoch oben auf der Abraumkippe, und am gigantischen Solarzellenfeld vor Großräschen ablesen. Ob wir sie häßlich finden oder nicht – diese Propellerwälder und gläsernen Terrassen werden den Schönheitsbegriff kommender Generationen prägen.